Reif für die Insel – Dies ist der Titel eines 1982 vom österreichischen Liedermacher Peter Cornelius geschriebenen Schlagers. Mit diesem Ausdruck wird seitdem deutlich gemacht, dass man urlaubsreif ist. Wir hatten bereits letztes Jahr für Föhr gebucht, insgesamt zum 4ten Mal, und wollten danach wieder “Reif für das Festland” sein. Die frühe Buchung und die feste Unterkunft waren dieses Jahr der sichere Hafen in Zeiten von Covid-19, wo jede Reise in weiter entfernte (Auslands-) Gefilde das Risiko auf unsichere Rückreise, Quarantäne und nicht zuletzt eine Corona Erkrankung barg.
Ich bin momentan am schreiben dieses Blogeintrages und es ist Herbst geworden. Noch nicht so spät im Herbst das es bereits Blätter regnet oder die Temperaturen einstellig werden, jedoch ist es deutlich kühler als es vor 3 Monaten im Wattenmeer war. Ich gucke aus dem Fenster und würde gerne wieder bei warmen 24 Grad und Schäfchenwolken in Nieblum am Strand sitzen. Ich erinnere mich an das Alster in der Waterkant und an den Lillet Wild Berry Cocktail zu zweit im Strandkorb, an das Wikingerschach am Strand und an die Wellness Landschaft, welche von den Kids im Watt gebaut wurde. Schön war es!
Ich erinnere mich auch daran, dass wir in der Familie vor dem Urlaub über einige Ideen gesprochen haben. Unter Anderem:
- Eine Umrundung der Insel mit dem Drahtesel. Mit knapp über 40km Länge war diese Idee genau richtig für meinen 10jährigen Sohn, der diese Unternehmung wohl lieber auf der Playstation virtuell gespielt hätte als real in die Pedale zu treten, sowie für meine Frau, welche ihr Fahrrad vor vielen Jahren neu gekauft hat um es dann für immer und ewig in den Keller zu stellen.
- Einen Fahrradausflug mit der Fähre auf die Nachbarinsel Amrum. Dort wollten wir die Nordspitze erreichen und auf dem Rückweg den Leuchtturm in Nebel besichtigen. “in Nebel” ist hier korrekt, da dies ein Ortsname ist.
- Die Aufnahme von einigen Drohnenshots (Photos♥Videos) mit der neu erworbenen DJI Mavic Mini.
Blicken wir mal darauf zurück, was mit diesen Punkten passiert ist.
Die Umrundung der Insel Föhr mit dem Fahrrad findet man im Netz unter dem Namen “Eilun Tour”. Diese Tour ist 42km lang und überwindet 10 Höhenmeter (Empfehlung für Akrophobiker!). Die Angabe der Höhenmeter sagt viel darüber aus, warum das Fahrrad fahren auf den friesischen Inseln im Allgemeinen und auf Föhr im Speziellen so beliebt ist. Wir waren schon öfter auf der Insel und haben die Route daher sehr frei gestaltet. Die Insel wurde gegen den Uhrzeigersinn umfahren, weil wir zur geeigneten Zeit im Kliff-Café für ein Stück Kuchen und eine Portion Milchreis anhalten wollten. Wie immer, zu mindestens bei mir, sind kulinarische Genüsse eine essenzielle Triebfeder für Unternehmungen.
Unter Berücksichtigung der Teilnehmer dieser Tour, einem 10jährigen Playstation Junkie und einer Ich-kaufe-mir-ein-Fahrrad-und-benutze-es-nicht Frau, hatten wir uns im Vorfeld E-Bikes für den Urlaub gemietet. Bei der Entfernung und wenn der Wind aus der falschen Richtung weht ein unschlagbarer Vorteil. Mit geladenen Akkus, einem Streckenplan im Kopf und guter Laune fuhren wir an einem schönen Tag einfach los.
Nach einiger Anstrengung, vielen kleinen Abenteuern und vom Wind geröteten Augen (Sonnenbrille zu spät aufgesetzt!) kamen wir Nachmittags am Goting Kliff an und machten es uns vor einem Stück Friesentorte (Papa), einer frischen Waffel (Mama) und einer Portion Milchreis mit Apfelmus (Sohnemann) bequem. Die Tour war geschafft, die Akkus fast leer und wir wurden mit mehr Kalorien belohnt als wir wahrscheinlich über den Tag verloren hatten.
Der Ausflug nach Amrum und die Fahrt zur Nordspitze, zur Amrumer Odde, steht auf dem Plan. Dieser Ausflug hat Geschichte und zeigt, dass man sein Leben lang etwas lernen kann. Unsere Geschichte beginnt 2018 mit unserem ersten Ausflug auf die Insel. Wir wollen, wie dieses Jahr, zur Nordspitze und zum Leuchtturm. Es weht eine steife Briese und wir fahren mit den Fahrrädern los. Keine E-Bikes, gegen den Wind auf der ausgeschilderten Strecke in freier Landschaft… – Wir kommen nur bis zur Hälfte, kurz über Nebel, und geben auf. Wir entdecken 2018 dann noch die westliche Spitze des Dünengürtels mit dem Kniepsand (Beeindruckend!) und fahren dann zum Leuchtturm. Wie es der Zufall will wird dieser 2018 allerdings renoviert. Wir lernen, dass man besser im Wald (Westseite von Amrum) gegen den Wind fährt und auf freier Fläche mit dem Wind. Als Insulaner lernt man das von Kindesbeinen an und physikalisch auch völlig logisch aber als naive Großstädter vom Festland sind wir reingefallen. Dieses Jahr, 2020, machen wir es besser. Mit E-Bikes gegen den Wind und der Leuchtturm wird auch nicht renoviert, dies steht nur alle 5 Jahre an.
Als wir mit der Fähre ankommen, sind wir angenehm überrascht, denn an diesem Tag bewegt sich kaum ein Lüftchen. Wir können ohne große Anstrengung Richtung Nordspitze losfahren. Ein weiterer schöner Tag bricht an und wir fahren über Nebel an der Ostküste entlang nach Norddorf (Welch’ passender Name!). Dort angekommen besprechen wir, bei einem Eis in der Hand, wie es weitergehen soll. Ich möchte gerne an den nördlichsten Zipfel der Amrumer Odde, welcher allerdings nur zu Fuß zu erreichen ist, der Rest hat darauf keine Lust. Wir entscheiden uns aufzuteilen und später über die Standortfunktion von WhatsApp wiederzufinden.
2200m Fußmarsch hin und auch wieder zurück später treffen wir uns wieder und essen etwas um die leeren Mägen zu füllen. Das Abenteuer Nordspitze hat funktioniert und der Leuchtturm liegt vor uns. Wir sind uns einig, dass die Landschaft mit den Dünen und dem Kniepsand sehr beeindruckend und einmalig ist. An einer Stelle steht ein Spielplatz im Sand und ich fühle mich an die die Eingangsszene von Terminator2 – Judgment Day erinnert:
Mit vollem Magen machen wir uns auf Richtung Leuchtturm. Vorbei an einem eiszeitlichen Haus, Aussichtspunkten in den Dünen und einer Vogelkoje erreichen wir die Zufahrt und wundern uns warum so wenig los ist. Am Eingang werden wir über einen Hinweiszettel aufgeklärt: Aufgrund der aktuellen Corona Regelung ist ein Aufstieg nicht möglich. Zu wenig Platz, zu geringer Abstand, Leuchtturm geschlossen! Wir sind enttäuscht und auch ein wenig verärgert über uns selbst, weil wir daran nicht gedacht haben. Nichtsdestotrotz war der Ausflug auf die Insel wieder ein Erlebnis wert! Zum Abschluss, und zur Erinnerung bis zu unserem dritten Versuch den Leuchtturm zu besichtigen, schieße ich noch einen Circle-Dronie und wir machen uns auf den Weg zur Fähre.
Auf dem Weg zur Fähre nehme ich den Naturlehrpfad südlich von Wittdün, welcher am Nehrungssee vorbei führt und nochmal Einblicke in den Kniepsand bietet. Eine zufällige aber gut getroffene Entscheidung. Hier kann man nochmal ein kleines Wunder der Natur entdecken und über Holzstege besichtigen. Nebenbei treffe ich noch ein paar Jungs, welche auf Bodyboards die Dünen runterfahren. Auf Nachfrage kann ich das auch machen und fahre glücklich und zufrieden mit Sand in meinen Schuhen zum Hafen.
Ich habe lange überlegt ob es sich lohnt eine Drohne zu kaufen. Die ständige Jagd auf ein schönes Bild mit der Kamera und nun noch Videos mit der Drohne? Kann man sich etwas nicht “Einfach mal so” angucken und bewusst erleben? Auf der anderen Seite jage ich nicht sondern entscheide mich bewusst etwas aufzunehmen oder es sein zu lassen. Mir gefallen Photos♥Videos und ich gucke sie mir gerne im Nachhinein erneut an. Also warum nicht mit dem Einstiegsmodell auf dem Markt Erfahrungen sammeln? Mit dieser Entscheidung im Kopf habe ich mir die DJI Mavic Mini bestellt und bin bisher zufrieden. Mit jedem Einsatz wird man mutiger, fliegt höher und weiter. Es ist erstaunlich welche Windgeschwindigkeiten die Mini aushält und noch gute Aufnahmen macht. Sie liegt schräg in der Luft um ihre Position zu halten und liefert unverwackelte und qualitativ hochwertige Aufnahmen. Außer dem oberhalb verlinkten Video des Amrumer Leuchtturms hier noch ein paar Beispiele aus dem Föhr Urlaub:
Sind wir nach den 20 Tagen auf Föhr nun wieder “Reif für das Festland”? Wir sind alle gut erholt, haben Farbe auf die Haut bekommen und haben mit alten Socken und vergammelten Salamischeiben sogar Krebse gefangen. Aber genau deshalb, weil wir gesehen haben wie schön es hier ist, sind wir noch reifer für die Insel als vorher. Jetzt müssen wir hier weg und zurück in den Alltag. Aber wie der Terminator schon sagte als er auf Amrum war:
I’ll be back.
Arnold Schwarzenegger in seinen Memoiren “Total Recall”
We’ll be back 2021.
Gallerie
Links, Literatur & Quellen
- Hintergründe zum Kniepsand auf Amrum => 05.11.2020 => https://www.amrum-news.de/2020/11/05/kapriolen-des-kniepsandes